Das Sprunggelenk

By: | Tags: | Comments: 0 | August 1st, 2016

Ganzheitlicher Ansatz gegen Schmerz und Instabilität

Zahlreiche Läufer kennen es leider aus eigener Erfahrung – Verletzungen und Schmerzen am oberen sowie unteren Sprunggelenk treten allzu häufig auf. Im Vordergrund der akuten Verletzungsmechanismen stehen Verdreh- und Umknicktraumen. In den allermeisten Fällen sind die Außenbänder der seitlichen Knöchelregion betroffen. Es kommt oft zu einer Überdehnung oder Rissbildung der stabilisierenden Bänder.

Diese können mit weiteren Verletzungen wie einem Innenbandriss oder einem Riss der Verbindung zwischen Schien- und Wadenbein kombiniert sein. KnöcherneVerletzungen umfassen neben dem knöchernen Bandausriss auch einen Bruch des Wadenbeins oberhalb der Bandansätze oder bei einem massiven Verdrehtrauma sogar das Brechen unterhalb des Wadenbeinköpfchens am Kniegelenk. Seltener sind Abrisse der Schienbeinhinterkante. Ein deutlich erhöhtes Verletzungsrisiko lässt sich generell bei einer Vorschädigung beobachten. Dazu zählen Außenbandrisse. Weiterhin bestehen meist Schwächender neuromuskulären Steuerung oder Defizite bei der sogenannten posturalen Kontrolle – also dem Vermögen unter dem Einfluss der Schwerkraft eine aufrechte Körperposition beizubehalten.

 

Schnittstelle Sprunggelenk

Die Besonderheit der Fußregion resultiert aus der Eigenschaft, eine direkte sensorische und motorische Schnittstelle für das Stehen und Gehen zu sein. Die aus dieser Region gesendeten Informationen und die myofaszialen Strukturen des Sprunggelenks sind für die Anpassung an die jeweiligen Bodenbedingungen notwendig. Aus diesem Grund muss nach einer Verletzung eine zügige und korrekte Diagnose erfolgen. Sie ist für die weitere Behandlung unabdingbar, da eine schnelle und möglichst schmerzfreie Wiederaufnahme des Trainings von allen Seiten gewünscht wird.

Ein Riss des Außenbandes am oberen Sprunggelenk zählt neben Knieschäden zu den häufigsten Sportverletzungen.
(Quelle:www.net-doktor.de, 23.11.2015)

Vorbeugung von Folgeschäden

Meist heilen diese Verletzungen komplikationslos aus. Kommen in der Folge jedoch Knöchelverdrehungen, die bereits durch minimale Unebenheiten des Laufuntergrunds auftreten können, gehäuft vor oder wird ein subjektives Instabilitätsgefühl beklagt, sind die Ursachen weitergehend zu erforschen, da sonst Folgeschäden, wie die Entwicklung einer bandbedingten chronischen Instabilität oder Knorpeldefekte, drohen. Orthopäden oder Unfallchirurgen setzen in der apparativen Ursachenforschung unterschiedliche Verfahren wie Röntgen, Sonografie oder Magnetresonanztomografie (MRT) ein. Viele pathologische Veränderungen, wie beispielsweise isolierte Knorpelschäden oder Bandrisse, sind damit sicher nachzuweisen. Daran anschließend erfolgen geeignete Behandlungswege.

 

Interdisziplinäre Ursachenforschung

Trotz des sehr hohen Aussagegehalts der genannten Methoden erschließt sich die Ursache mancher Beschwerden nicht. Dann kann eine erweiterte Haltungs- und Bewegungsdiagnostik notwendig sein. Sie zielt auf eine Analyse der Dynamik der betroffenen Bewegungsabläufe ab und damit auf deren sensomotorische Steuerung. Das heißt konkret: die Überprüfung des Zusammenspiels von Signaleingang (Muskelspindeln, Sehnen- und Gelenkrezeptoren), der Signalverarbeitung (Großhirn, Kleinhirn und spinalem Netzwerk) und der Signalantwort am Muskel. Viele der Steuerungsmechanismen sind sehr komplex und beinhalten gegebenenfalls eine Untersuchung weiterer Strukturen wie der Augenmuskelsteuerung, des Gleichgewichts oder der Kiefergelenke.

 

Aufspüren von Dysbalancen

Auf den ersten Blick erscheinen solche Schritte möglicherweise abwegig. Geht man jedoch davon aus, dass ein Teil der Sprunggelenksbeschwerden aus einer mangelhaften Kontrolle der Fuß- und Unterschenkelmuskulatur resultiert, dann erklärt sich jene interdisziplinäre Diagnostik. Bei ausgeprägten Befunden mit Auffälligkeiten im Zahn-, Kiefer- und Augenbereich sollte eine weitere Abklärung bei einem entsprechend ausgebildeten Augen- beziehungsweise Zahnarzt erfolgen.

Sprunggelenksverletzungen machen etwa 15 Prozent der Sportverletzungen aus.
(Quelle: MedicalSportsNetwork 3/2013)

Verfahren wie zum Beispiel die Oberflächen-Elektromyografie zur Muskeltonusanalyse oder die Messung der Fußdruckbelastung im Zusammenspiel mit Körperbalance und Bewegung liefern klare Hinweise auf lokale und generalisierte Muskeldysbalancen.

 

Ausgleich von Störungen

Läufer kennen häufig den Ausdruck der „Verkettungssyndrome“, die in diesem Zusammenhang stehen. Die Behandlung solcher Störungen ist individuell abzustimmen. Neben Krankengymnastik zum Trainieren von Kraft und Koordination und gezielten Fußmuskelübungen ergibt die Anwendung osteopathischer Verfahren Sinn. Ebenso kann ein Behandlungsversuch zur Optimierung der Haltungs- und Bewegungssteuerung mit neurologischen propriozeptiven Einlagen erfolgen. Die Grundlage hierfür ist die Vorstellung, dass die Fußmuskulatur durch eine individuell ermittelte, spezifisch dynamische Stimulation besser auf Belastungen reagiert. Solche stimulierenden Einlagen sind unterschiedlich aufgebaut. In unserer Praxis bevorzugen wir die Anwendung von Modellen mit prallelastischen Druckelementen nach Professor Fusco.

Vom Detail zum Ganzen

Die Bewegungskontrolle verfeinert sich durch die Aktivierung der körpereigenen autonomen Regelung, sodass die Muskelfunktion effektiver wird und weniger schnell ermüdet. Als Folge nimmt die Stabilität des Sprunggelenks wieder zu und das Verletzungsrisiko sinkt. Das geschilderte Konzept basiert auf der Annahme, dass Koordination, Kraft und Kontrolle von verschiedenen Parametern und Wechselwirkungen abhängen, die häufig ein ganzheitliches Therapiekonzept bedingen.